Planlos geht oft der Plan los…

Früher gab es seitenlange Businesspläne, heute gibt es Pitchdecks:

Nichts ist mehr, wie es einmal war und die Realität ist noch einmal ganz anders als der Entwurf auf dem Papier. Seitdem ich vor mehr als 25 Jahren Finanzierungsverträge für Start-ups mit Venture-Capital analysierte, hat sich eigentlich alles verändert. Ok, die Branche steht ja auch für disruptive Veränderungen. Wenn ich jedoch mit Experten diskutiere, gilt die vlt. wichtigste Kennzahl unverändert bis heute: Ein, maximal zwei Start-ups aus zehn erwirtschaften die Rendite eines ganzen Portfolios.

Kann es sein, dass sich diese Konstanz dadurch erklärt, dass immer mehr von demselben gemacht wird? Oder wie mich ein befreundeter VC-Investor fragte: „Wie kann ich in unserem Portfolio die Leistung erhöhen, ohne die Start-ups zu steuern?“

Leistung erhöhen, ohne die Start-ups zu steuern

Verhalten und somit auch die Art der Zusammenarbeit in Teams sowie zwischen Teams wird immer auch durch Regeln und Vereinbarungen bestimmt und unterscheidet sich von dem Verhalten als Individuums erheblich. Vlt. wirkt der VC-Finanzierungsvertrag mehrdimensionaler und hat nicht nur positive Wirkungen auf die Start-up -Entwicklung?

Venture-Capital Finanzierung und Steuerung

Damit ein Investor trotz erheblicher Unsicherheit, Risiko und Informationsasymmetrien überhaupt in ein Start-up investieren kann, wird ein Finanzierungsvertrag mit Anreizmechanismen und Vertragsklauseln konzipiert, sodass Gründer und der Finanzier an einem Strang und auch an demselben Ende ziehen: Das muss doch etwas bewegen! Ja, aber muss es auch erfolgreich werden?

Für die vorvertragliche Situation sind diese Verträge aus der Perspektive der Spieltheorie absolut nachvollziehbar. Doch schaut man mit der Linse der Systemtheorie auf die Zeit nach der Finanzierung, so ergeben sich zumindest oft nicht wirklich wahrgenommene Aspekte für die gemeinsame Zusammenarbeit.

Anreizsysteme sind Steuerung

Die Anreizmechanismen und Vertragsklauseln steuern das Verhalten der Gründer und führen dazu, dass Start-ups häufig zu früh skalieren und dann zu früh scheitern. Soll sich das Gründerteam nach den Vorgaben des Finanzierungsvertrages oder nach den Reaktionen des Marktes entscheiden? Nur wenn sich alles genauso wie im Pitchdeck beschrieben entwickelt, also wie geplant, entsteht kein Konflikt. Anreize wirken wie Belohnungen und die funktionieren nur, wenn Leistung messbar, d.h. eine kausale Beziehung zwischen Verhalten und Ergebnis nachweisbar ist. Die Entwicklung von Start-ups beruht aber auf Ideen, sodass Steuerung über Anreize schädlich sein kann.

Oft höre ich als Antwort, dass der Vertrag eigentlich nur herangezogen wird, wenn es quasi nicht mehr anders geht. Das ist nicht optimal: Denn einerseits ergibt sich eine Divergenz zwischen Vertrag und alltäglichem Verhalten, es entsteht Unsicherheit und andererseits wirkt der Vertrag alleine dadurch, dass ihn alle kennen und wissen, dass er jederzeit Wirkung entfalten kann.

Mehr als nur eine Finanzierung

Aus meiner Erfahrung können die steuernden Vertragsbedingungen helfen, bestehende Informationsasymmetrie zwischen Start-up und VC-Investor zu überwinden und eine Vertrauensbasis zu legen. Auf dieser können dann im Anschluss Schutzräume für die operative Zusammenarbeit etabliert werden, in denen positive wie negative Informationen transparent, offen und sicher diskutiert werden, damit das Start-up schnell sein Produkt/Problem, Produkt/Market- und Business/Market Fit entwickeln kann, bevor es skaliert.

Sebastian Bartel

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