Der Mensch als Unterschätzer Erfolgsfaktor in dynamischen Märkten

Sanieren mit System: Warum klassische BWL heute nicht mehr reicht

Von stabilen Zyklen zur Hochdynamik 

Während die betriebswirtschaftliche Lehre auf Effizienz, Planbarkeit und Steuerungsroutinen setzt, erleben viele Unternehmen, dass diese Instrumente im dynamischen Umfeld an Wirkung verlieren, weil sich die Daten aus der Vergangenheit nur sehr limitiert in die Zukunft entwickeln lassen. Die Früherkennung von sich abzeichnenden Krisen wird in einer Zeit von Stapel- oder Polykrisen essenziell für Unternehmen und deshalb ist eine zweite, zusätzliche in die Zukunft gerichtete Perspektive zur Krisenanalyse sehr wichtig, um die bisher dominante retrograde Zahlenanalyse zu ergänzen. Wie die Systemtheorie dafür den passenden Rahmen liefert, wird detailliert in meiner Artikelserie in der NWB Ausgabe Sanieren & Restrukturieren beschrieben.

Klassische Sanierung reicht nicht mehr  das zeigt der Blick auf die Krisendynamik

Man darf es sich an dieser Stelle nicht zu einfach machen und annehmen, das irgendjemand einfach ein schlechter Unternehmer geworden ist, ihm nur Kompetenzen fehlen oder er bewusst falsche Entscheidungen trifft bzw. sich gegen notwendige Veränderungen stellt.
Auch wenn sich das für uns als externer Berater manchmal ganz „objektiv“ so zeigen mag, müssen wir davon ausgehen, dass jeder in der Situation versucht hat, die aus seiner Sicht beste Entscheidung zu treffen. Es lohnt sich zu eruieren, weshalb das Unternehmen trotzdem in eine Krisensituation geraten ist.

Einen Grund sehen wir in der reduzierten Linse der klassischen Diagnostik. Die Plan/Ist-Abweichung zeigt zwar, dass es schlecht läuft, aber nicht, warum. Die Frühwarnsysteme orientieren sich meist an finanziellen Kennzahlen. Diese bilden jedoch vergangenheitsbezogene Größen ab, während die Entstehung der Krise weit früher beginnt – mit darunter liegenden Mustern von Kommunikation, Entscheidungsqualität und Organisationsdynamik, oft mit dysfunktionaler kultureller Trägheit oder Führungsschwäche.

 Die systemtheoretische Perspektive in der Krisenverursachung

Bisher fehlte jedoch ein Diagnoseinstrument, um ein an der Informationsverarbeitung ansetzendes Frühwarnsystem zu etablieren, das direkt und vorausschauend an den Führungs-, Management- und Organisationsaspekten ansetzt und rechtzeitig eine Transformation oder Restrukturierung anzeigt. Während klasische Modelle nach Ursachen z.B. Absatzrückgang und Wirkungen (z. B. Gewinneinbruch) suchen, interessiert sich die Systemtheorie für die Prozesse dazwischen: Wer spricht mit wem worüber – und worüber nicht? Welche Informationen werden verarbeitet, welche ignoriert? Wie wird entschieden – durch Regeln, durch Macht, durch Gewohnheit?

Mehr als eine Perspektive

Die systemtheoretische Analyse schaut nach vorne und analysiert proaktiv die wirklichen Ursachen und eröffnet mithin für alle Beteiligte günstigere und weitere Lösungsräume. Krise ist nicht der Moment der ökonomischen Schieflage, sondern der Moment, in dem das System seine Lern- und Anschlussfähigkeit verliert. Eine Krise ist kommunikativ – nicht monetär. Krisen entstehen aus dieser Perspektive dann, wenn Organisationen nicht mehr relevante Umweltveränderungen wahrnehmen oder sie nicht in ihre Entscheidungslogik integrieren können. Die Systemtheorie spricht von „struktureller Kopplung“ und von „blinden Flecken“. Das System sieht nur das, was es sehen kann – und blendet den Rest aus und verliert mithin seine Fähigkeit, sich erfolgreich auf Umweltveränderungen einzustellen.

Zurück zu nachhaltiger Wettbewerbsfähigkeit  

Untersuchungen zeigen einerseits, dass nur etwa 10% der Sanierungen wirklich erfolgreich verlaufen und andererseits die Gründe in der Schwächen des Managements, Struktur- bzw. Prozessdefiziten und nicht wirksamer Kommunikation liegen, die sich dann in einem fehlenden Controlling sowie in einer unzureichenden Finanzierung zeigen. Ferner kann festgestellt werden, dass Unternehmen nahezu immer zu spät und zu wenig ausgeprägt auf Marktveränderungen reagieren. Während der klassische, betriebswirtschaftliche Ansatz einen Fokus auf das Controlling und die finanzielle Steuerung legt, ist die Systemtheorie, wie aufgezeigt, die ideale Erganzung dazu, weil sie Unternehmen in ihrer Kommunikation, dem Management und den Strukturen beschreibt und insbesondere geeignet ist, auch komplexe dynamische Märkte zu beschreiben. Gelingt es Unternehmern oder Beratern diese Perspektive frühzeitig mit einzubinden, so können Krisensituationen früher antizipiert werden, weil sich das Unternehmen mit seinen Strukturen und Managementsystemen kontinuierlich selbst an dem Markt reflektieren und so ein Frühwarnsystem etablieren kann.

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